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Donnerstag, 30. September 2010

Tommy Vercetti - Seiltänzer


Er ist länger am Spitten als manch ein anderer, ist fleissiger und hat mehr Releases auf seinem Konto, als der Grossteil der MCs da draussen. Aber ein Album hat er bis anhin nicht veröffentlicht. Morgen ist Tag X, die Stunde 0. Nach den drei Cheftapes, den drei EFM-Releases und anderen Mixtapes geht Tommy Vercetti mit seinem Debüt "Seiltänzer" an den Start. Drei Jahre hat Tommy zusammen mit Onur und Fabio Friedli (Gamebois) an "Seiltänzer" gearbeitet. Akribisch, detailversessen. Viel Herzblut hat der MC aus Bern in die 75 Minuten Musik investiert, sein Innerstes hat er nach aussen gekehrt. Im eigens verfassten Pressetext schreibt Tommy, das Album sei musikalisch sowie textlich sehr oldfashioned aufgebaut, als Album und nicht als Sammlung von Einzelsongs geschrieben, konzipiert und anzuhören. Das Album spreche ohne Zynismus oder gespielte Lockerheit über die Welt, über die Realität, "über all die Widersprüche und Misstände, an denen ich und wir brechen". Das Konzept hinter "Seiltänzer" ist sowas wie ein Panoramablick auf's Leben aus der Ich-Perspektive. So verstehe ich das Album. Tabus haben auf dem Longplayer ebenso wenig Platz wie Allgemeinplätze. Battlerap, wie ihn Tommy auf seinen Mixtapes zelebriert, findet man auf "Seiltänzer" nicht. Onur und Fabio haben das ihre dazu beigetragen, dass auf "Seiltänzer" nicht einfach Beats und Raps, sondern Songs zu hören sind. Abgerundet wird das Konzept hinter "Seiltänzer" durch das einmalige Artwork, ein 36-seitiges Booklet in schwarz und silber, das alle Texte in Hochdeutsch sowie Illustrationen beinhaltet. Und genau an diesem Punkt kommt der einzige kleine Widerspruch an die Oberfläche. Wer Tommy auf "Seiltänzer" zuhört (wer nicht gerne zuhört, wird mit dem Album wohl Mühe haben), wird immer wieder auf das Wort "naiv" stossen. So heisst eine Zeile im Prolog denn auch "I ha käs Talent usser gnadelos naiv z'sy". Wer sich "Seiltänzer" anhört, wird bemerken, dass das Album Konzept hat, worauf Tommy selbst ja auch im Pressetext hinweist. Und hält man das Booklet in Händen, in dem alle Texte zwecks besserer Verständlichkeit in Hochdeutsch abgedruckt sind und jedem Songtitel wohl ebenfalls zwecks besserer Verständlichtkeit ein Themebereicht zugeordnet ist, fragt man sich, wie naiv Tommy überhaupt sein kann bzw. ans Werk gegangen ist. Ich zumindest habe mir diese Frage gestellt. Was ist so naiv an "Seiltänzer"? Naiv an "Seiltänzer" ist die bedingungslose Ehrlichkeit, die Dirkeitheit und die Offenheit, mit der Tommy an die Hörer herantritt. Leben wir heute doch in einer Welt in der die Maske mehr zählt, als das Spiegelbild. Tommys Debüt ist indes mehr Sein als Schein.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Cooles Cover. Wer hat das gemacht? LG Anita

ruedi snare hat gesagt…

hey anita
artwork ist eine co-produktion von tommy, janosch (fotos) abel und tom hänni (illustration)

Dig In The Crate